… kühl
ergießt sich die Nacht und gibt den Mondsichel frei. Es ist die Zeit des
Erwachens. Der zunehmende Schatten birgt meine Schwermut: die Jahrmillionen
haben mich müde gemacht.
Des
Menschen Empfindungen haben mich erschöpft, wenn ich sie auch nie selbst
gefühlt habe. Die höchste Entzückung, die tiefste Niedergeschlagenheit, gar die
selbstloseste Liebe ist so vergänglich wie der Mensch selbst; und trotzdem
messen sie dieser ihrer Sentimentalität so viel Bedeutung bei; können ohne sie
nicht sein.
Epochen
sind vergangen, Staaten entstanden und untergegangen, Religionen wurden geboren
und verworfen – aber der Mensch glaubt, das von ihm Empfundene sei für die
Welt, für mich, so neu und aufregend wie in seiner eigenen Brust. Manche kommen
dahinter. Sie werden mit den Jahren ihrer eigenen seelischen Sinnlichkeit
genauso müde, wie ich es ihrer bin. Dann ist es für sie an der Zeit zu gehen –
das Leben duldet nur diejenigen, die daran hängen.
Mein müder
Blick überfliegt das in Dunkel getunkte Tal; die Bäume flüstern ihre
Geschichten, das Gras wispert himmelwärts, als ich spüre, wie jemand seine
stille Verzweiflung direkt in mein Inneres fließen lässt.
„Warum sind
wir da? Ist das Leben eine Aneinanderreihung von Möglichkeiten, die unausweichlich
im Tode endet?“
„Nein,
siehe doch – der Mond ist älter als die Menschheit. Er hat ihre Geburtsstunde
erlebt; er weiß um den Sinn des Lebens. Würde er denn scheinen, wenn es keinen
gäbe?“
Ich kann
nicht anders und teile im Gegenzug meine Wehmut mit. Die Ewigkeit hat begonnen,
als alles, was ist, erwacht und geworden ist. Man sollte sie besser
Endlosigkeit nennen, denn sie hat einmal begonnen und endet nie. Welchen Sinn
soll die Unendlichkeit schon haben, als den, der ihr zu jeder Stunde gegeben wird?
Allein die Suche ist immerwährend, nicht ihre Ergebnisse.
So speisen
wir einander – ich kann mich von der Hitze des Wunsches eines kurzlebigen
Wesens und seiner Notwendigkeit für das Jetzt beleben lassen, auf dass mir die
Weisheit in der Ewigkeit nicht bitter schmecken möge. Ich scheine hernieder und
zeige im Schattenspiel ihrer Seelen, dass Friede die höchste Wonne ist, nicht
die Hoffnung.
Ob sie
verstehen? Die Stunde schlägt Romantik; ergriffene Herzen hören nur ihren
eigenen Klang. ...
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